Wenn man die Räume im "Keller" der Kirche St. Paul" an der Bornscheuerstraße 30 in Wuppertal--Langerfeld betritt, so wie täglich bis zu 120 Kinder und Jugendliche und zahlreiche Erwachsene, so erkennt man auf den ersten Blick ein Kreuz im Flur, sonst kein christliches Symbol, kein Bibelzitat, kein Papstbild. Dennoch wissen die Menschen, die zu uns kommen, dass wir Christen sind, manche sogar, dass wir Franziskaner sind und sie kommen, obwohl sie Muslime, Hinduisten, Juden oder Christen sind.

Wessen Geistes Kinder wir sind, aus wessen Geist wir leben, ist also aus Ritualen oder Symbolen, so wie sie normalerweise definiert werden, nicht zu erkennen.

 

Was bedeutet für uns Spiritualität?

Wir leben und handeln aus einem bestimmten Geist heraus, Spiritualität zeigt sich unserer Meinung nach entsprechend weniger in dem Befolgen von Riten, wie das Einhalten von Gebeten und Gottesdiensten oder dem Befolgen des Ramadans, sondern unsere innere geistige Haltung zeigt sich konkret im Leben, im Verhältnis zu den Mitmenschen, besonders zu den Schwächsten. Daher versuchen wir, um uns herum eine Atmosphäre der gegenseitigen Achtung und Wertschätzung und des Engagement füreinander zu schaffen.
Wir glauben an einen allgegenwärtigen, allmächtigen und liebenden Gott. Ihn zu Menschen bringen zu wollen, hieße, ihn klein zu machen. Wir glauben, dass Gott in jedem Menschen immer gegenwärtig ist. Wir sehen es als unsere Aufgabe an, den Menschen zu helfen, Gott in ihnen zu entdecken, „freizuschaufeln“. Dabei spielt es keine Rolle, wie dieser Gott genannt wird, ob Allah, Jahwe oder Gottvater.

 

Was sind unsere Quellen?

Die wichtigste Quelle unseres Lebens ist das Evangelium, die Botschaft über das Leben des Jesus aus Nazareth, den wir als Christus verehren. In seinem Leben, so berichtet das Neue Testament, ist Gottes Liebe zu den Menschen „menschlich“ geworden, Fleisch geworden. Wir lesen und staunen immer wieder über die Art und Weise, wie Jesus diese Liebe gelebt hat, nicht als Fingerzeig auf sich selbst, sondern als einen Hinweis auf die Gegenwart des Reiches Gottes. Er und seine Anhänger wollten keinen Starkult, sie kannten keine Symbole, die Gemeinschaft stiften sollen, sondern sie lebten im Vertrauen auf Gott und sie verstanden ihr Leben auch als Hinweis auf diesen Gott.

Jesus hat sich in seinem Leben mit einfachen Menschen umgeben, Menschen, die sogar zum Teil vom Volk verachtet waren, wie der Zöllner Matthäus, aber auch wie die Fischer am See Genezareth. Sie waren für ihn die Empfänger und die Überbringer seiner Botschaft.

So glauben auch wir, das wir geraden in den Schwächeren und Benachteiligten unserer Gesellschaft viel von der Nähe Gottes erfahren können. Das Gleichnis vom Barmherzigen Samariter ist für uns eine Erzählung, die deutlich macht, wie Leben und Engagement eins sein sollen. Während für den Priester und den Levi ihre Funktion im Tempel wichtiger war, entschied sich der „heidnische“ Samariter für das Leben des Menschen. Das Gleichnis stellt übrigens für uns auch eine besorgniserregende Entwicklung in der Kirche dar, in der Funktionen und Funktionalität wichtiger zu werden scheinen, als das Leben des Volkes Gottes.

Eine zweite Quelle unseres Lebens ist Franziskus von Assisi. Vor allem ist für uns sein spiritueller Dreischritt von großer Bedeutung:

  1. Das Leben für die Armen. Franziskus sah schon früh die Armut der Menschen um die reiche Stadt Assisi herum. Seine Bekehrung begann damit, dass er sein Hab und Gut, seine Kleidung mit ihnen teilte.
  2. Das Leben mit den Armen. Die Sorge für die Armen reichte Franziskus nicht für seine Nachfolge Christi. Er wollte mit ihnen leben. Er ging also aus der Stadt hinaus und begab sich unter die Armen und Ausgesetzten und lebte mit ihnen.
  3. Das Leben als Armer. Der letzte Schritt für ihn. So wie er alle Kleidung abgab und sich nackt von seinem Vater und seiner Stadt verabschiedete, so identifizierte er sich mit den Armen, wurde selbst zum Bettler, abhängig von anderen Menschen. Dieses Leben führte er bis zum Tod, wo er sich von seinen Mitbrüdern kurz vor dem Übergang zum neuen Leben nackt auf den nackten Boden legen ließ und so (unter dem Lobgesang seiner Mitbrüder) starb. Dieses Leben als Armer war für Franziskus die höchste Nähe zu Jesus, der ebenfalls nackt am Kreuz starb.

Zugegeben, wir sind vielleicht bis zur zweiten Stufe gelangt, aber dennoch ist das Leben, das Franziskus gewählt hat, für uns weiter Inspiration, ihm und damit Christus nachzufolgen.

Neben vielen anderen Begebenheiten, wie die Liebe zur Natur (der Sonnengesang) und seine Freundschaft zu den Armen fasziniert uns am Leben Franziskus noch etwas.

In den Zeiten der Kreuzzüge, als Christentum und Islam mit Gewalt aufeinander prallten und sich gegenseitig töteten, ging Franziskus in friedvoller Absicht zum Sultan. Seine Glaubwürdigkeit rührte aber wohl weniger von der Kraft seiner Worte, sondern wie Franziskus sich im Land des Sultans aufhielt, demütig. Heute bedeutet demütig das Gegenteil von hochmütig, das heißt also Franziskus lebte mit den Menschen im Sultanat, arbeitete wie sie und stellte sich nicht als ein besonderer Mensch dar. In seiner 6. Regel heißt es auch dann entsprechend, die Mitbrüder sollten sich unter Ungläubigen und Fremden demütig verhalten, keine Streitgespräche suchen und nur von Gott reden, wenn Gott es ihnen eingibt.
Franziskus war also in einer Zeit, in der Menschen sich ausgrenzten, beschimpften und töteten, einer, der Frieden und Menschlichkeit – und damit – so würde man heute sagen – Integration lebte.
Interessant ist z. B. auch seine Achtung vor dem Koran, der der durchaus auch als heiliges Buch ansah, da er Menschen zu einem friedlichen Leben motivierte.

Aus diesen Quellen leben wir vor allem und sie zeigen auch, dass Spiritualität sich nicht in Ritualen und Gebeten festmacht, sondern im täglichen Leben mit anderen Menschen zusammen, sie achtend, für sie sorgend, sie lieben Für uns besteht eine christliche oder auch menschliche Kultur nicht aus Riten, Gebäuden, Konzerten oder ähnliches, sondern Kultur ist für uns der Qualitätsstandard im Verhältnis zu den Menschen, insbesondere zu den Schwächsten. Wir sind überzeugt, dass wir am Ende nicht gefragt werden, ob wir diesen oder jenen Ritus befolgt haben, ob wir dieses oder jenes Zeichen des Christentums offen getragen haben, sondern wir werden gefragt:Wie habt ihr euch zu den Schwachen und Armen, zu den Kindern und Altern, zu den Ausgebeuteten und Benachteiligten verhalten?

 

Warum kommen also so viele Menschen zu uns?

Ich denke, weil sie hier Anerkennung und Respekt finden, aber auch angeregt werden, ihr Leben in die eigenen Hände zu nehmen..

 

P.S. Wir haben auch eine eigene kleine Gebetsecke in unseren Privaträumen. Die Ecke mit dem Kreuz von Dan Damiano ist auch geprägt durch ein großes Fenster mit dem Blick nach außen.

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